Generationenvertrag, up your arse

2018-08-12 Aus Von christiankohl

Momentan gibt es ja wieder einmal Diskussionen darüber, wie die Rentenkasse noch ein wenig aufgefüllt werden kann. Am besten natürlich dadurch, dass Selbständige zur Zahlung gezwungen werden, denn die sind keine signifikante Wählergruppe und haben keine Lobby.
Aber bleiben wir mal sachlich:

  • Die staatliche Rente hat viele Jahrzehnte gut funktioniert, weil wir mehr oder weniger Wirtschaftswachstum hatten und eine gut Demographiestruktur.
  • Die staatliche Rente kann in Zukunft nur noch funktionieren, wenn sie steuerfinanziert wird, weil die demographische Struktur es gar nicht anders hergibt – es sei denn, Rente gibt es erst ab 75 oder 80 Jahren, auf sehr niedrigem Niveau und mit brutal hohen Beiträgen für die Einzahlenden in der Zukunft. Dann kann man es aber auch gleich lassen. Das ist relativ simple Mathematik.
  • Die staatliche Rente in Deutschland ist ein sogenannter „Generationenvertrag“ – wir zahlen heute Beiträge, um die Rente der jetzigen RenterInnen (inkl. Ossilanten) zu finanzieren. Und der Staat verspricht, dass in ca 30 Jahren noch genügen Menschen Beiträge Zahlen, um dann unsere Rente zu finanzieren. Leider habe ich keinerlei Vertrauen in dieses Versprechen und sehe den Generationenvertrag als einseitige Sache, die heute dafür sorgt, dass ich den Rentnern den Lebensabend finanziere, während ich in 30 Jahren schimmliges Weißbrot und einen Liter Wasser pro Tag bekommen werde, wenn es gut läuft.

Im Diskurs wird gerne so getan, als sei es eine moralische Pflicht oder „Bürgerpflicht“, dies automatisch gut zu finden. Leider werden dabei neben den o.g. mathematischen Unmöglichkeiten auch folgende Aspekte außer Acht gelassen: Die Rentnergenerationen der letzten 50 Jahre haben sich nicht an den Vertrag (im Sinne eines „contract social“) gehalten.

  • Die haben sich Rentenerhöhungen genehmigt und Rentenbeiträge nicht erhöht bzw. ganze Berufsgruppen davon ausgenommen, obwohl absolut klar war, dass es nicht so weitergehen kann finanziell. Spätestens mit der Übernahme von Ostdeutschland war klar, dass wir finanziell auf eine Absurdität zulaufen. D.h. also, dass die Generationen, die heute Rente von den Beiträgen der jetzigen Arbeitenden beziehen, zu ihrer aktiven Zeit a) verschwenderisch mit dem Geld umgegangen ist im Sinne von zuviel Ausgaben und zuwenig Einnahmen und b) keine geeigneten Maßnahmen zur Lösung der zukünftigen Probleme unternommen hat. (vgl. Norbert Blüm, „Die Rente ist sicher“.)
  • Zweitens hat diese Generation die Umwelt massivst ausgebeutet und nachhaltig, teilweise sogar unwiderruflich, geschädigt und zerstört. Ökosysteme zerstört, Wasser verseucht, Wälder abgeholzt, Böden verödet, Artenbestand dramatisch reduziert, Giftstoffe, Ozonschicht, Treibhauseffekt – you know what I’m talking about. Davon haben sie sich schön die Taschen voll gemacht und in Saus und Braus gelebt. Die Zeche aber zahlen die folgenden Generationen. Diese Zeche wird nicht nur in Form von verminderter Lebensqualität gezahlt, sondern führt auch zu höheren Kosten durch Kriege (um Wasser und Land zur Produktion von Nahrungsmitteln, Rohstoffe), Umweltschäden, Folgekrankheiten.

Alles in allem kann man zusammenfassen: Die heutigen Rentner hatten ein feines Leben, haben einen großen Haufen auf den Planeten gekackt und verabschieden sich in den nächsten Jahren irgendwann von hier. Die Kacke dampft und schimmelt aber munter weiter und verpestet den heute und in Zukunft lebenden Generationen alles. Gleichzeitig kriegen diese Rentner den Hals nicht voll und wollen auch noch von den Leuten, denen sie den Haufen vor die Tür gekackt haben, mehr Geld.

Das ist eine Frechheit. Neben der dringenden Neustrukturierung des Konzepts „staatliche Rente“ unter Berücksichtigung demographischer und ökologischer Entwicklungen sowie der Abschaffung von Ungleichheiten (Ausnahmen für viele gutverdienende Berufsgruppen) müssen vor allem die heutigen und baldigen Rentnergenerationen in die Pflicht genommen werden und gezwungen werden, einen Teil der von ihnen verursachten Schäden wieder gut zu machen. Vor allem gut verdienende Pensionäre und Rentner müssen zu einem Zwangsdienst bei Umweltschutzorganisationen oder Flüchtlingshilfswerken o.ä. verdonnert werden oder ansonsten empfindliche Kürzungen in Kauf nehmen. Oder halt Kamchatka.

Nur so kann ein neuer „contract social“ aufgesetzt werden und Vertrauen wiedergewonnen werden.